Das herzogliche Erbe: 1209 wird Bleckede als „Löwenstadt“ gegründet, auch die Geschichte des Schlosses beginnt im 13. Jahrhundert. Ca. 1270 wurde der Rundturm als Teil einer mittelalterlichen Wasserburg errichtet. Heute ist von dem historischen Gemäuer nur noch der Stumpf erhalten, doch von der Burganlage sind noch dieWassergräben zu sehen. Herzog Ernst II. von Braunschweig-Lüneburg errichtete um 1600 den Nordflügel im Fachwerkstil mit dekorativer Holzschnitzerei, 1743 folgte der Westflügel im Barockstil. Aus der Burg wurde ein Schloss und bis 1885 war das Schloss Sitz des Amtmannes für das Amt Bleckede, bis 1932 Sitz der Verwaltung des Kreises Bleckede, schließlich bis 1974 Sitz des Amtsgerichts. Nach aufwändiger Restaurierung öffnete das Schloss im Jahr 2002 als Informationszentrum für das Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue. Auf rund 1.000 qm wird die Kulturlandschaft Elbe hier modern präsentiert und Elbe-Fische und Biber können sogar live erlebt werden.
Historischer Stadtrundgang durch Bleckede
Seit Mai 2009 gibt es einen historischen Stadtrundgang durch Bleckede. Anhand von Tafeln an den Gebäuden und den nachfolgend dargestellten Informationen lernen Sie die kleinen Sehenswürdigkeiten dieser 800-jährigen Stadt kennen.
Entdecken Sie das malerische Fachwerkstädtchen Bleckede auf eigene Faust bei einem Spaziergang durch die historische Innenstadt. Alle 18 Stationen zur Geschichte Bleckedes sind fußläufig in einem Rundgang erreichbar. Jede Station ist mit einer Wandtafel gekennzeichnet (siehe Foto). Der Weg führt Sie vom Schloss durch die historische Innenstadt u.a. vorbei am Geburtshaus von Jörg Immendorff, dem ehemals Kaiserlichen Postamt, dem früheren Amtsgericht und den Hafen zurück zum Ausgangspunkt.
Das Faltblatt „Historischer Stadtrundgang und Wanderwege“ (pdf-Datei, 1 MB) zeigt Ihnen außerdem in Text und Karte vier wunderschöne Wanderwege rund um Bleckede.
Nachfolgend finden Sie jede Station ausführlich beschrieben, so dass Sie die Hintergrundinformationen auch ganz bequem auf Ihrem Smartphone finden können.
Impressum
Herausgeber und ©: Stadt Bleckede
Text Stadtrundgang: Dr. Werner Preuß, Ernst Tipke (†), Jörg Sohst
Text überarbeitete Auflage und Redaktion: Heidi Petermann
Vom Wohnsitz zum Gefängnis: In dem schönen klassizistischen Gebäude, das 1810 erbaut wurde, hatte zuerst der Zweite Beamte des Amtes Bleckede seinen Wohnsitz, 1852 zog das Amtsgericht mit dem Gerichtsgefängnis ein. Das Amtsgericht wurde 1933 ins Schloss verlegt; das Gefängnis war bereits seit 1930 nicht mehr genutzt worden. Noch heute ist über dem Eingang die Bezeichnung „Amtsgericht“ zu erkennen.
Spaziergänge mit Hanchen: Johann Peter Eckermann (1792- 1854), ein Vertrauter des großen Johann Wolfgang von Goethe, arbeitete ab 1825 für ihn in Weimar. Seine Studien zum Deichbau, die in „Faust II“ verwendet werden sollten, führten ihn 1826 zu Deichbauingenieur Bertram nach Bleckede. Johanna, die Schwester, wurde seine Verlobte. Glühende und tröstende Briefe gingen zwischen Weimar und Bleckede hin und her. Mancher Spaziergang mit „Hanchen“ führte Eckermann auf dem Deich zum Heisterbusch.
Deshalb trägt dieser Weg seinen Namen.
Mal Schule, mal Heimathaus: Das große Fachwerkgebäude hat eine wechselvolle Geschichte. Als Wohn- und Arbeitsstätte für den 2. Verwaltungsbeamten des Amtes Bleckede wurde es 1850 gebaut, dann war es eine Zeit lang Forsthaus. 1946 zogen die ersten Klassen der Mittelschule ein, 1983 wurde es zum „Heimathaus“;1985 zum „Deutschlandpolitischen Informationszentrum“ und ab 1996 zum „Elbtal-Haus“, das einen Überblick über Natur und Umwelt der Elbtalaue gab. Heute nutzen die Elbtal-Grundschule und das Stadtarchiv die Räume.
Revolutionäre Kunst: In der Lauenburger Str. 7 wurde der Maler, Bildhauer, Grafiker und Aktionskünstler Jörg Immendorff 1945 als Sohn eines Offiziers und einer Sekretärin geboren. Als Schüler von Joseph Beuys setzte er seine politischen Ideen unter anderem in revolutionäre Bilder um. Bekannt wurde er durch seinen expressivsymbolischen Bilderzyklus „Café Deutschland“. Ab 1996 war er Professor an der Kunstakademie Düsseldorf. Immendorff starb 2007.
Aufbruch in neue Welten: Geburtshaus des Sprachwissenschaftlers Dr. Hermann Collitz, geboren 1855 in der Friedrich-Kücken-Str. 13. Er gilt als Wegbereiter der modernen Linguistik. Ab 1886 lehrte Collitz an der John Hopkins Universität Baltimore. Vor dem Haus stand das „Kleine Tor“. Es markierte die Grenze des Fleckens Bleckede, der Standort ist im Straßenpflaster erkennbar gemacht.
Königliche Konzession: Mit Urkunde vom 13. Januar 1735 war es besiegelt. Der König (Georg II., König von Großbritannien, Herzog von Braunschweig und Lüneburg) erteilte dem Apotheker Carl Friedrich Michaelis die Konzession, nachdem dieser erklärt hatte, „dass er gewillet wäre, in Unserm Städtlein Bleckede sich häuslich niederzulassen und eine tüchtige Apotheke anzulegen“. Einen Arzt gab es ja schon seit 1710, doch die Arzneien musste bis dahin ein reitender Bote aus der Lüneburger Apotheke holen.
Gemeindeleben und Schulreform: Die 1844 gegründete Synagogengemeinde Bleckede, zu der auch Dahlenburg und später Hitzacker gehörten, war hier untergebracht und nutzte das Obergeschoss als Betsaal. Hier war auch das Geburtshaus des Reformpädagogen Dr. Kurt Löwenstein (1885-1939). Seit 1920 Mitglied des Reichstages und Leiter des städtischen Bildungswesens in Berlin, setzte sich Löwenstein für nach Einkommen gestaffelte Schulgelder, Ausweitung der Schulspeisung und Arbeiter-Abitur-Kurse ein. 1933 emigrierte er nach Frankreich.
Stadtgraben als Grenze: In der Nähe der Alten Wache kreuzte der Stadtgraben, der den Flecken Bleckede seit 1310 umschloss, die Breite Straße. Bis 1820 stand hier das Große Tor, der Standort des Tores ist im Straßenpflaster erkennbar gemacht. Seit 1834 beherbergte die „Alte Wache“ die Ratsdienerstelle, von 1863 bis 1932 das Rathaus der Stadt Bleckede.
Der Sohn des Scharfrichters: Das 1907 errichtete Denkmal erinnert an den Komponisten und Hofkapellmeister Friedrich-Wilhelm Kücken, der 1810 in Bleckede als Sohn des letzten Scharfrichters Jakob Andreas Kücken geboren wurde. Kücken studierte Komposition und Gesang, schuf zahlreiche Klavier-, Chor- und Bühnenwerke und komponierte Lieder nach Gedichten, z.B. von Heinrich Heine. 1843 ging Kücken in die Schweiz und über Paris nach Stuttgart, wo er bis 1861 als Hofkapellmeister wirkte. Er starb 1882 in Schwerin.
Ein neues Flussbett für die Elbe: Fritz von dem Berge war der letzte Namensträger eines alten Burgmannengeschlechtes. Geboren 1560 auf Schloss Gümse bei Dannenberg, verheiratet mit der Adligen Libica (Leveke) Hahn, wurden ihm 1593 Schloss und Amt Bleckede übertragen. Er machte sich um die Verbesserung des Deichbaus an der Elbe verdient. Als sein Lebenswerk gilt die streckenweise Verlegung des Flussbettes vom Schloss stromabwärts. Das Ehepaar stiftete der St.-Jacobi-Kirche Taufstein, Glocke und Kanzel. Fritz von dem Berge starb 1623.
Vom Dampfkran zur Fähre: 1895/96 wurde ein Altwasserarm der Elbe zum Winterschutzhafen für die Elbschiffer ausgebaut. Um 1900 folgte der Anschluss an die Schmalspurbahn und damit die Entwicklung zum Verkehrshafen. Als die Bleckeder Kleinbahn 1928 einen Dampfkran in Auftrag gab, erleichterte das die Lade- und Löschvorgänge im Hafen erheblich. Auf den noch vorhandenen Sockel des Krans stellte der Maler Jörg Immendorff 1979 sein Doppelbild „Teilbau Bleckede“ als Mahnmal gegen die deutsche Teilung. Die Fähre war früher gemeinsam mit dem Elbzoll an den Burghauptmann verpachtet. Später erwarb der Kreis Bleckede die Fähre, ab 1931 wurde sie privat betrieben. Jahrzehnte lang markierte die Elbe die Grenze zur DDR. Erst am 26.11.1989 waren West und Ost wieder verbunden, die Fähre querte wie zuvor die Elbe.
Kunst aus der alten Kirche: Die St.-Jacobi-Kirche wurde 1766/67 an dem Platz einer 1272 erstmals erwähnten Kirche im spätbarocken Stil neu errichtet. Viele Kunstgegenstände aus der alten Kirche sind erhalten geblieben: die Christusfigur über dem Eingang, die Pieta im Vorraum und die Kreuzigungsgruppe, das Taufbecken, die Kanzel und eine Glocke von 1612. Auch das Orgelprospekt entstand vermutlich vor 1715. An der Nordseite erinnert ein Kirchenfenster an die Öffnung der Grenze zur ehemaligen DDR am 26.11.1989.
Typische Bauform: Dieses für Bleckede typische Bürgerhaus wurde als Vierständerhaus mit auskragendem Dachgeschoss und Schmuckgiebel gebaut. Als Mittellängsdielenhaus mit Einfahrtdiele, einem über dem Stalltrakt eingeschobenen Futterboden sowie rückwärtigem und seitlichen Wohnteil, ist es von der Bauform her als Ackerbürgerhaus zu bezeichnen. Zu dem Ensemble gehörte bis vor einigen Jahren noch das sogenannte „Kleine Haus“ an der Friedrich-Kücken-Straße, das dem Straßenbau weichen musste. Dort befand sich auch der Haupteingang. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde es über mehrere Generationen von Familie Tippe als Schmiede genutzt
Rechte und Pflichten: Die elf nachweisbaren Bleckeder Burglehen finden sich noch heute zwischen Flecken und Schloss zu beiden Seiten der Schlossstraße. Mit ihnen verbunden waren umfangreicher Grundbesitz und andere Vorrechte, außerdem hatten die Besitzer auch Sitz und Stimme auf den Landtagen des Fürstentums Lüneburg. Zu ihren Pflichten gehörte die Verteidigung des Schlosses bei Gefahr. Während man im Burglehen zumeist eingeschossig mit Durchfahrtdiele (Haus Nr. 19) baute, handelt es sich bei den beiden um 1700 gebauten Häusern 13 und 15 um giebelständische Kleinbürgerhäuser mit
zwei Geschossen.
Mit goldener Inschrift: 1897/98 ließ der Breetzer Ziegelei-Pächter Sepmann dieses Postamt durch Maurermeister Vick erbauen und vermietete es später an die Kaiserliche Ober-Postdirektion. Von der Inschrift „Kaiserliches Postamt.“, die in 35 cm hohen,„ächt vergoldeten gothischen Buchstaben“ auszuführen war, ist das Wort „Postamt.“ erhalten geblieben.
Jüdisches Leben: Das Denkmal von 2011 (Entwurf: Johannes Kimstedt) erinnert an die jüdischen Bürger und Holocaust-Opfer aus Bleckede, die 1933-1945 verfolgt und ermordet wurden. Jüdisches Leben in Bleckede währte über 200 Jahre. In der Blütezeit 1800-1860 und danach besaßen viele jüdische Bürger Häuser und Geschäfte im Zentrum. Jüdisches Gemeindeleben fand auch in wechselnden Betsälen in den Häusern jüdischer Bürger statt, zuletzt im Haus der Familie Löwenstein, Breite Str. 17 (Stadtrundgang Station 8). 1752 wurde der bis heute bestehende jüdische Friedhof im Forst an der Straße nach Lüneburg
eingerichtet. (Rundweg grün). Mehr unter: www.judeninbleckede.de
Lagerplatz für die Naturalsteuer: Dieser Fachwerkbau mit Vollwalmdach aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war ein Lagerhaus, das zum Aufbewahrender Naturalsteuer - des „Zehnten“ - diente. Von den Bauern wurde die regelmäßige Abgabe eines Anteils der landwirtschaftlichen Erträge als großer Zehnt (Getreide, Obst, Groß- und Kleinvieh) und kleiner Zehnt (Eier, Milch, Butter) eingefordert. Er diente zur Finanzierung der Kirche, der Grundherren und des Landesherrn.